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Frankreich-Urlaub | Frühjahr 2008 Gesamtbericht |
Ostern im Roussillon Teil 1 |
In diesem März war es nun das zweite Mal, daß wir Ostern in unserer zweiten Heimat waren - in Südfrankreich am Mittelmeer in Sichtweite der Pyrenäen unweit der spanischen Grenze. So sahen wir dieses Osterfest als eine natürliche Fortsetzung des vor drei Jahren Erlebten an. Wir waren wieder besonders gespannt auf die vielfältigen Osteraktivitäten in den Dörfern und Städten des Roussillon.
Im Jahr 2005, als Ostern ebenfalls so zeitig im Jahr lag, hatten wir die berühmte Karfreitags-Prozession de la Sanch in Perpignan gesehen, waren am Ostersonntag in Canet-en-Roussillon, um den Sardane-Tänzern zuzusehen und hatten am Ostermontag bei strahlendem Sonnenschein ein österliches Dorffest in Saint Cyprien erlebt mit Gesang, katalanischen Tänzen und vor allem dem "Teilen des österlichen Omeletts", einem köstlichen Rührei in frischem Baguette.
Zur Rückblende: Ostern im Roussillon - Teil 1 (2005)
Nach der Lektüre des "INDÉPENDANT" stand der Plan für unsere Osterausflüge fest. Am Ostersonnabend sollte in Saint Cyprien - wie in anderen Orten auch - der katalanische Brauch "Els goigs dels ous" gepflegt werden. Wörtlich übersetzt heißt dies "Eierfreuden" und steht für das gemeinsame Singen traditioneller Osterlieder. Dazu treffen sich Männer, Frauen und Kinder, um begleitet von einigen Musikinstrumenten im Chor katalanische Osterlieder zu singen. Als Dank erhalten die Sänger dann Eier, Wein, Würste u.ä., die sie in den mitgebrachten Körben sammeln. Wir hatten in der Zeitung von Orten gelesen, wo mit den "Goigs dels ous de xocolat" Schokoladeneier gesammelt werden - diese werden dann an einem weiteren Termin zu Ostern an die Kinder verteilt. In Saint Cyprien diente dieser uralte Brauch dazu, die "Partage de l'omelette pascale" (das Teilen des Osteromeletts - das Dorffest vom Ostermontag) vorzubereiten. Die Gruppe der Sänger zog hier von Händler zu Händler, von Laden zu Laden, wo sich ihre Körbe mit Eierpackungen und den katalanischen Blutwürsten "Boudin noir" füllten. Am Ostermontag wollten wir wie drei Jahre zuvor auch von dem Osterrührei profitieren. Als wir dann auf dem Dorfplatz waren, mußten wir leider feststellen, daß das Fest wegen des sehr kalten Wetters in den Saal verlegt worden war. Schade!
Nachdem wir durch das hübsche Städtchen gebummelt sind und bei der Besichtigung der Stadtmauern auf diesen fast um das ganze Städtchen herumgelaufen sind, haben wir uns schließlich auf einer Bank auf dem Kirchplatz niedergelassen, um beim Beginn des "Festes der Riesen" ganz nah dabei zu sein. Tatsächlich wurden sehr bald riesige Figuren aus der Kirche herausgetragen und auf dem Platz aufgestellt. Diese Figuren sind über einem Metallgestell aufgebaut, so daß ein (kräftiger) Mann hineinklettern und sie tragen kann. Die Riesen verkörpern meist historische Gestalten der Region und sind mit traditioneller Kleidung herrlich ausstaffiert. Ihre Köpfe sind aus Pappmaché sehr kunstvoll und detailreich modelliert. Viele der Riesen bildeten zusammengehörige Paare wie König und Königin oder Ritter und Burgfräulein usw. Hier in Villefranche waren unter anderem das historische Paar Sancha de Barcelona und Guillem Ramón, Conde de Cerdanya, vertreten. Auch andere Orte aus dem Roussillon sind mit ihren eigenen Riesen zu dem Fest gekommen, aus dem spanischen Katalonien waren 6 Orte vertreten. Der Platz füllte sich immer mehr, mit Riesen und neugierigen Zuschauern. Als das Fest richtig losging und die Riesen zur Musik einer kleinen Künstlergruppe mit historischen Instrumenten paarweise zu tanzen anfingen, begann es zu schneien! Wir waren zwar in Südfrankreich, aber eben in den Pyrenäen. Auch hier dräut der Winter und muß offenbar durch solche Feste, mit denen die bösen Geister verjagt werden und der Frühling herbeigerufen wird, vertrieben werden. So wurde umso lauter gespielt, und ein paar Gruppen junger Leute tanzten und sangen sehr temperamentvoll. Und es hat geholfen! Der leichte Schneefall dauerte keine 10 Minuten - dann schien wieder die Sonne, und der Umzug der Riesen duch die Straßen der Stadt vor deren Tor und wieder zurück konnte begleitet von Tausenden begeisterten Zuschauern beginnen.
Es war für uns ein wirklich neuartiges Erlebnis. Später haben wir herausgefunden, daß es sich hierbei nicht um eine spezielle Ostertradition handelt. Feste der Riesen sind seit dem Mittelalter sehr verbreitet im Norden Frankreichs und im heutigen Belgien, aber auch in anderen Landstrichen und Ländern (Italien, Spanien) und besonders aktiv in ganz Katalonien und werden verteilt über das ganze Jahr gefeiert, wobei der Schwerpunkt ohne Zweifel auf dem Frühjahrsanfang liegt. Die Riesen stellen auch in anderen Gegenden oft die Schutzpatronen der Städte und andere wichtige Gestalten der Geschichte dar.
Wenn Sie das folgende Video ansehen, erleben Sie die einmalige Atmosphäre dieses Festes in Villefranche-de-Conflent, als wären Sie dabei gewesen:
Letzte Änderung: 29. Juni 2008 |